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Der Eala-Clan, im Bann der Liebe

in

• SHORTSTORIES
26.09.2020 18:37
von Evelucas • 550 Beiträge | 2242 Punkte



Mit großer Freude präsentiere ich hier nun, die vorerst mal wirklich letzte Story von Drita Kalmandi, für unsere Shop Story-Duett Reihe unter den Anthologien. Indessen befindet sich Drita schon in Neuseeland, wo sie bald ihren langjährigen Lebensgefährten heiraten wird, den sie auch dort einst kennengelernt hat.
Sie kündige an, sich mit ihm (er ist ja Neuseeländer) dort auch für ihre weitere Zukunft niederlassen zu wollen.

Sich eine neue Existenz an einem solchem Ort aufzubauen ist mit viel Aufwand und Zeit verbunden, die sie schon vorher nicht unbedingt großzügig zur Verfügung hatte. Deshalb hat sie sich nach einer noch getätigten kleinen Spende an SchreibElan und mit dieser vorerst letzten Geschichte aus unserem Forum zurückgezogen.
Ich für meinen Teil wünsche ihr alles Gute sowie Liebe für ihren weiteren Lebensweg und bin einfach nur dabkbar für jede einzelne ihrer wenigen, wenngleich wundervollen Geschichten, die sie hier mit uns geteilt und deren vollen Rechte, sie nun mir dafür übertragen hat.

Liebe Drita, ich wünsche Dir wirklich von ganzem Herzen, alles Glück der Welt.
Danke für alles und mach es auch weiterhin so gut.




Der Eala-Clann, im Bann der Liebe

Drita Kalmandi


Die Abenddämmerung brach langsam herein, als Katherine Larnach, mal wieder Barfuß und allein, durch den am Garten ihrer Großmutter angrenzenden, kleinen Wald spazierte. Sie liebte die alte, wenngleich eigentümliche Frau sehr. Jeden Sommer besuchte sie sie für ein paar Tage, auf deren doch etwas abgelegenem kleinen, schottischen Anwesen. Hier war das eine Mischung aus bescheidener Villa und Bauernhof, wenngleich mit ganz viel angrenzendem Land.
Doch manchmal wurde es Katherine dann doch zuviel, wenn die Großmutter wieder und wieder mit dieser alten Familiengeschichte daher kam. Da brauchte sie schon mal Abstand.
Ihre Großmutter glaubte ja immer noch fest daran, dass sie alle von einem alten Elfengeschlecht abstammten, das vor tausend Jahren einst denselben Grund und Boden bewohnte, den Katherine womöglich mal erben würde. Nur eine Bedingung gab es, ehe Katherine dieses Erbe auch antreten könne. Einen Ehemann an ihrer Seite. Höchst altmodisch also.
Doch so tickten die Leute hier alle, besonders die Älteren.
Es durfte aber wohlgemerkt nicht irgendein Ehemann sein. Oh nein, das wäre ja sonst viel zu einfach. Es durfte in Katherines Fall nur ein ältester Sohn des Eala-Clann’s, übersetzt auch Schwanen-Clan, sein. Nur so ein Mann kam dafür in Frage.
Einer uralten Legende nach, die man sich hier, etwas Außerhalb der nächsten schottischen Kleinstadt so erzählte, wurde in einem Jahre Schnee, der älteste Sohn erwähnten Clanns von einer unbekannten Gräfin verflucht. Angeblich da er sie zu Gunsten einer anderen Frau zurückwies. Und diese andere Frau war, laut der Großmutter, Katherines Urahnin, die einem alten Elfengeschlecht entstammte. Davon allerdings wusste der junge Clans-Herr nichts. Es war ihr Geheimnis und sollte es auch bleiben, da sie sonst ihre magische Seele verloren hätte. Kurzum, menschlich geworden wäre.
Die Gräfin fand es dennoch heraus, woraufhin sie der Urahnin drohte, aller Welt dieses Geheimnis zu verraten, es sei denn sie ließe von ihrem Liebsten ab. Die Urahnin aber weigerte sich. Denn ihre Liebe war so stark, dass sie es gerne in Kauf nahm, dafür menschlich zu werden.
Das erzürnte die Gräfin, woraufhin sie kurzer Hand nicht nur dieses Geheimnis aller Welt verriet, sondern auch den Clans-Sohn gleich dazu mit einem Fluch belegte. Einen Bann, der ihn und seine ganze Familie, samt aller Nachkommen, ab heiratsfähigem Alter, in deren eigenes Wappentier verwandelte. Also in einen Schwan. Doch das Beste daran, dieser Zauber konnte nicht gebrochen werden. So verloren sich die einstigen Liebenden aus den Augen. Und Katherines Urahnin konnte noch nicht mal mehr ihre Fähigkeiten einsetzen, um den Geliebten unter all den Schwänen, die sie sah, zu finden. Sie war ja nun menschlich.
Doch was wäre so eine Geschichte schon wert, wenn es da nicht zumindest eine Schwachstelle in so'nem Fluch gäbe. Und so erklärte eine weise Frau Katherines Urahnin – vermutlich deren Großmutter – dass sich der Fluch in jedem hundertsten Jahr, doch noch aufheben ließe, sofern deren Liebe selbst über den Tod hinaus stark genug sei. Dafür müssten sich deren wiedergeborenen Seelen einfach nur erkennen. Die des Clans-Sohnes in einem Schwan verborgen, die Ihre in einer menschlichen Frau.
Ach, wie herrlich kitschig!

Doch Katherine liebte diese Sagen und Märchen von unsterblicher Liebe und Wiedergeburt trotzdem über alles. Sie war nur realistisch genug um zu wissen, dass es eben Geschichten waren. Sie würde auch niemals bestreiten, dass womöglich einst wahre Begebenheiten diesen Legenden zu Grunde lagen. Doch um den wahren Kern dahinter zu ergründen, wusste sie einfach zu wenig über die alten Schotten und deren naturmagische Glaubenskultur. Und ihr fehlte nun mal die Zeit, sich damit näher befassen zu können.
Da schmunzelte Katherine. »Ich werde wohl keine passende Erbin werden«, sie seufzte leicht hin, aber froh darüber, dass ihre Großmutter nach wie vor gesund und robust genug war, um ihr auch weiterhin, von ihrer schicksalhaft magischen Abstammung und ihrem alten Erbe zu erzählen.
Als sie sich jetzt wieder ihrer Umgebung bewusster wurde, dabei den Duft der Bäume dieses Waldes einsog und die frische Luft an ihrem Gaumen schmeckte, kam dennoch Wehmut in ihr hoch.
Als Kind verbrachte sie viele wunderbare Stunden hier draußen. Insbesondere mit dem Nachbarssohn, der wohl inzwischen auch in die große Stadt gezogen sein müsste.
Gemeinsam haben sie imaginäre Naturgeister gejagt und die wildesten Abenteuer durchgestanden, die sie sich natürlich selbst ausgedacht hatten. Wenngleich immer auf Grundlage genau dieser großmütterlichen Familiensage.
»Irgendwann werde ich Dich wirklich heiraten«, hörte Katherine da nun wieder die, ernste jungenhafte Stimme von Damon McEala durch ihren Kopf rauschen und kicherte. Sie hatte nach bestandenen Abenteuern wohl keinen Jungen öfter geheiratet als ihn.
Diese Worte sprach er erstmals aus, als er in einem hartem Kampf einen Drachen besiegt hatte, von dem sie zuvor entführt worden war, um an dessen Brut verfüttert zu werden. Da war er wohl so an die Dreizehn und sie circa zehn. Sie sammelten damals sogar gemeinsam wilde Waldbeeren. In ihrer beider Fantasie waren das jedoch Zauberfrüchte, die so ziemlich gegen alles halfen. Gegen jede Krankheit, Vergiftung und Verletzung, gegen verführerischen Sirenengesang, dunkle Flüche, schlimme Verzauberungen und plumpe Trollattacken. Manchmal sogar gegen falsche Entscheidungen und böse Träume.
Na nu, bemerkte sie plötzlich und wischte sich eine einzelne Träne von der Wange. »Werd ich jetzt noch melancholisch?«, schon lachte sie wieder leise auf.
Indessen fiel ihr aber schon wieder ein, wie eine solche Träne von ihr, Damon sogar einst wieder ins Leben zurückholte, nachdem er bei einem ihrer Abenteuer sein Leben opferte, um sie vor einer bösen Hexe zu retten.
»Oh Mann, was geht da ab? Wieso denke ich heute ständig an ihn und all diese Kinderspielchen. Ich war noch nicht mal ganz zwölf, als ich Damon McEala zum letzten mal sah.«
Doch ihre Gedanken und Erinnerungen gaben keine Ruh. Alles in ihrem Schädel kreiste jetzt immer weiter um diese gemeinsamen Stunden mit dem Nachbarsjungen. Irritiert schüttelte Katherine ihren Kopf. Sie war doch sonst nicht so’ne Nostalgikern. Was war heute bloß los mit ihr?
In diesem Augenblick kam sie an den kleinen, einst künstlich angelegten Waldsee. Das geschah allerdings auch schon vor sehr, sehr langer Zeit. Da war noch nicht mal die Großmutter ihrer Großmutter oder deren Großmutter geboren. Laut ihrer Großmutter wurde der natürlich auch schon von Katherines Urahnin angelegt, um so viele Schwäne wie möglich anzulocken, in der Hoffnung unter ihnen dennoch diesen einen Schwan zu finden, der einst ihr Geliebter war.
Hier, an genau dieser Stelle, erholten sich Damon und Katherine oft, nach all ihren ereignisreichen Kopfabenteuern, ehe sie sich voneinander verabschiedeten um nachhause zu gehen. In der Nähe irgendwo gab es sogar mal eine kleine Bucht, an der immer haufenweise Glühwürmchen umherschwirrten, während die Sonne langsam hinterm Horizont des anderen Ufers unterging. Dort haben sie immer geheiratet, sofern das Ende eines ihrer Abenteuer es auch so vorgesehen hatte.
Katherine sah sich um. Gab es diese kleine Ufereinbuchtung überhaupt noch? Ihr Blick flog suchend umher. Dann schüttelte sie erneut verärgert ihren Kopf.
Herrje, wie dämlich war das denn jetzt? Als ob das alles noch immer etwas mit ihrem heutigen Leben als Erwachsene zu tun hätte. Das war doch absurd?
Ich brauch Abkühlung, der heiße Tag hat scheinbar ein paar meiner Synapsen fehlgeschaltet.
Sie hockte sich ans Ufer, beugte sich übers Wasser und schwappte sich eine gesunde Portion des kühlen Nass’ ins Gesicht. Boah, tut das gut, flog es durch ihre Gedanken. Bestimmt half ihr das, um schnell wieder einen klaren Kopf zu kriegen. Was vergangen, ist vorbei, nur die Gegenwart ist frei.
Kaum da sie diesen Vers zu Ende gedacht hatte, wollte sie sich auch schon wieder hochzurappeln. Da fiel ihr Blick auf die jetzt flimmernde, rot goldene Spiegelung der untergehenden Sonne im Wasser, so wie auf die Reflexion ihres eigenen Gesichtes. Doch es war nicht ihr Spiegelbild. Wohl ihr Gesicht, doch die junge Frau die ihr daraus gerade zulächelte, war definitiv nicht sie. Denn diese Dame trug ihre goldschimmernden Haare hochgesteckt. Katherines jedoch fielen locker und offen über ihre Schultern. Dennoch war das da ihr Gesicht, sogar mit denselben saphirblauen Augen.
Erschrocken quietschend prallte Katherine zurück, kippte aus ihrer Hocke und landete auf ihrem Ellbogen im sandigen Uferdreck.

»Was zum Henker …?«, fluchte sie. Hatte sie sich das gerade nur eingebildet? Spielte ihr nur das Licht der letzten Sonnenstrahlen einen dummen Streich?
Schnell rappelte sie sich wieder hoch, klopfte sich Staub und Dreck von der Kleidung. Nur vorsichtig näherte sie sich erneut dem Rand des See’s. Schielte genau an der Stelle nochmal ins Wasser, wo sie zuvor diese andere Frau zu sehen vermeinte.
Nichts passierte. Alles war normal. Das da im See war wieder ganz klar ihr Spiegelbild. Da waren ihre offenen Haare, ihr blassgelbes, schulterfreies Blusenshirt, mit den bis zu ihren Armbeugen reichenden, sich in hauchdünnen Schichten überlagernden Flatterärmeln, so wie ihre Jeans.
»Heiliges Kanonenrohr«, seufzte sie erleichtert. Offensichtlich hatte ihr nur die Fantasie einen dummen Streich gespielt, nach all den verflucht fröhlichen, heiteren und offensichtlich immer noch sehr präsenten Erinnerungen an sorgenlose Kindertage.
»Mann, oh mann Katherine«, sprach sie zu sich. »Da ist dir gerade ordentlich was durchgegangen.«
Sie lachte schon wieder über sich selbst, als in derselben Sekunde direkt vor ihrer Nase plötzlich ein flimmerndes Glühwürmchen tanzte. Es gesellte sich ein Weiteres dazu, dann noch ein Drittes und schließlich sogar Viertes.
»Oh«, entschlüpfte ihr überrascht. »Wo kommt ihr denn plötzlich her?«
Ihre Augen folgten neugierig deren Flug. Da entdeckte sie mit einem Mal auch die kleine Bucht wieder, nur ein paar Meter weiter rechts. Und nach wie vor um diese Zeit, war diese wieder voll herumschwirrender Glühwürmchen. Es waren etliche.
Unfassbar, über all die Jahre hatte sich hier scheinbar nichts wirklich verändert. Sogar die alte Trauerweide stand da immer noch. Instinktiv folgte sie dem Pfad dorthin. Nur einmal noch, wollte sie sich inmitten all dieser kleinen leuchtenden Gefährten, wie das Kind von einst fühlen. Damals, als ihr Damon McEala in dieser Bucht einen Ring aus Halmen und Gänseblümchen bastelte, damit alles seine Ordnung hatte. Auch wenn aus dem Ring schlussendlich dann ein Armreif wurde.
Dort angekommen lehnte sie sich an den robusten Stamm der Trauerweide, nur um sich kurz darauf erst recht wieder auf den Boden gleiten zu lassen.
Mit strahlenden Augen sah sie den tanzenden Leuchtkäferchen zu und lächelte fröhlich.
»Ich werde genau hier her wieder zurückkehren, dann wenn Du wirklich meine Braut wirst, das weiß ich ganz genau!«, hörte Katherine schon wieder diese jungenhafte Stimme von Damon in ihrem Kopf und kicherte, als sie sich auch wieder erinnerte, wie sie geantwortet hatte und welchen Verlauf das Gespräch sonst noch nahm.
»Ich verspreche Dir aber nur dann, ja zu sagen, wenn auch an diesem Tag wieder so viele Glühwürmchen da herumschwirren und Du mir wieder einen solchen Armreif und Zauberbeeren mitbringst. Zur Krönung müssen dann noch mindestens zwei Schwäne an uns vorüber paddeln.«
»Das mit den Glühwürmchen, dem Armreif und den Zauberbeeren, lässt sich bestimmt machen, und die zwei Schwäne wohl auch, die müssen es ja bezeugen, wenn es dann richtig ernst wird. Sie sind ja meine Verwandten.«
Und noch während Katherine, inzwischen mit geschlossenen Augen, darüber immer noch leise vor sich hin sinnierte und lachte, traf es sie plötzlich wie ein Blitz.
Damon McEala, er war doch so ein ältester Sohn aus dem Clan der Schwäne! Da riss Katherine ihre Augen wieder auf. Weit auf.
Schon landete ihr Blick auch auf drei Schwänen, die gerade über den See auf sie zu glitten. Zwei von ihnen hielten recht bald inne. Der dritte aber schwamm weiter direkt auf sie zu.
Katherine riss ihre Augen noch weiter auf.
»Nein …, da-da-das kann doch gar nicht …, nicht sein.«
Als der dritte Schwan jedoch näher an sie heran schwamm, sah sie wie dieser so etwas wie ein Nest mit Beeren vor sich her trieb und in seinem Schnabel einen Armreif aus Halmen und Gänseblümchen trug.
Für einen Augenblick dachte Katherine einfach nur an Flucht. Dann an einen Traum. Ja, letzteres war gut, klang plausibel. Sie war eingeschlafen, brauchte also nur wieder aufwachen.
Flugs quetschte sie ihre Augen zusammen, zählte bis zehn und kniff sich ganz fest in den Arm.
»Katherine, bist Du es wirklich?«, hörte sie da plötzlich eine eindeutig männliche, sanfte Stimme sagen. Die war definitiv nicht nur in ihrem Kopf. Doch Katherine reagierte nicht, hielt ihre Augen weiter fest geschlossen. »… er ist nicht da, ist kein Schwan, nicht da, kein Schwan, du träumst nur«, sie kniff sich noch fester in den Arm und schrie prompt auf.
Doch diese neue männliche Stimme verschwand einfach nicht. »Ähm, Katherine, also falls Du Katherine bist …?, sagte diese stattdessen jetzt. »… was auch immer Du da gerade machst, mir tut das vom hinsehen schon weh. Also hör bitte auf damit.«
Das tat Katherine nun auch. Das hier war wirklich kein Traum mehr. Ihr Arm schmerzte außerdem schon viel zu sehr. Doch verflucht, denn dann war die Männerstimme ja wohl auch echt. Vorsichtig flatterten ihre Lider auf und sogleich wieder zu.
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe die Information des kurz Gesehenen, auch ihr Gehirn erreichte, dass ihr schließlich versicherte, keinen sprechenden Schwan, sondern nur einen jungen, wirklich gut aussehenden Mann, mit nacktem Oberkörper und nassen Jeans, vor sich stehen zu haben.

Dennoch runzelte sie irritiert ihre Stirn. Warum nasse Jeans?
Da erst öffnete sie ihre Augen ganz.
Und wirklich, dieser Kerl hatte wohl in genau diesem Aufzug, ein Bad im See genommen, ehe ihr Erscheinen ihn dabei unterbrochen haben musste.

Sie atmete erleichtert auf. Gott sei Dank dieser Schwan war wirklich nur ein dummer Traum.
Schließlich aber folgten weitere Sekunden der Stille, in denen sich die Beiden nur anstarrten.
Zuerst fragend, dann erstaunt. Indessen tanzen nach wie vor hunderte Glühwürmchen unter dem Dach der Trauerweide um sie herum.
»Ja, Du bist es. Bist es wirklich …«, brach er als erstes das Schweigen. »… diese saphirblauen Augen würde ich überall sofort wieder erkennen.«
Und genau da, füllten sich dieselben auch schon mit Freudentränen, während sich Katherine aus ihrer kauernden Sitzposition hochrappelte. »Damon?«, brachte sie endlich heraus.
Und er nickte einfach nur, indessen sie ihn weiterhin aus weit aufgerissenen Augen anstarrte, ohne zu fassen, hier leibhaftig die erwachsenen Ausgabe von Damon McEala vor sich stehen zu sehen. »Ich werd verrückt …, Du … hier? Mit mir? Nach so vielen … Jahren?«, stotterte sie.
Da ließ Damon das kleine Weidenkörbchen, gefüllt mit wilden Him- und Erdbeeren, in seiner Rechten, als auch den Armreif aus Halmen und Gänseblümchen in seiner Linken einfach fallen. Nach einem einzigen großen Schritt war er schon bei ihr, zog Katherine nur noch in seine Arme und drückte sie ganz fest an sich. Fast als könne er selbst noch nicht glauben, dass sie wirklich hier war.
»Ich weiß nicht wie es Dir damit geht und es ist mir im Augenblick auch ziemlich egal …«, murmelte er dann in ihre rotblonde Haarpracht hinein. »… doch ich für meinen Teil habe nie vergessen, was wir uns hier, einst versprochen haben. Jedes Jahr, seit ich das Erbe meiner Familie antrat, habe ich mir vorzustellen versucht, wie es sein würde, Dir hier, unter diesem Baum, in unserer Bucht voller Glühwürmchen nochmal zu begegnen.«
Da schluchzte Katherine beinahe auf, während sie seine feste Umarmung einfach erwiderte. Zwar konnte sie von sich nicht dasselbe behaupten, doch heute, an diesem Abend, in diesem Wald, war es ihr ganz ähnlich ergangen, wie ihm. Ihren gesamten Spaziergang lang, musste sie ständig an ihn denken, an die vielen gemeinsamen Erinnerungen und Erlebnisse, an all ihre Versprechen, die sie sich einst gegeben haben. So intensiv, das sie in ihrer frisch wiederbelebten Fantasie, schlussendlich sogar diese ewig selbe Geschichte von ihrer Großmutter, über den Clan der Schwäne und jene verlorene Liebe, mit Damon McEala in Verbindung brachte.
»Ich bin so froh, das Du kein Schwan bist«, platzte sie da auch schon unüberlegt heraus.
Danach geschah für einen Moment gar nichts. Es war als hätte Damon diese Bemerkung noch nicht mal gehört. Falls aber doch, zeigte er es zumindest nicht gleich. Schließlich löste er sich langsam aus ihrer Umarmung. »Oh je,…«, begann er da nun lächelnd, »… sag bloß deine Großmutter hat Dich wieder mal an dein Erbe und deine mystische Herkunft erinnert?«
Da prustete Katherine auch schon drauflos. »Oh je, tut mir leid. Das war es bestimmt nicht, was ich nach so vielen Jahren seit unserer letzten Heirat, ausgerechnet in diesem schönen Augenblick zu Dir sagen wollte.«
Da lachte Damon fröhlich auf. »Aber warum denn nicht? Ist doch ziemlich romantisch, wenn ich in deiner Vorstellung der wiedergeborene, legendäre Clanns-Sohn bin, den eine einst wundervolle Elfe so sehr liebte, dass sie für ihn sogar ihre magische Seele opferte. Durchaus ein Stellenwert, mit dem ich sehr gut leben kann. Selbst wenn ich dafür von einer zurückgewiesenen Gräfin mal in einen Schwan verwandelt wurde.«
Da stieß Katherine in verlegen an. »Du bist unverbesserlich, immer noch dieser kleine Junge, der in seiner Fantasie genau diese Geschichte stetig zum Kernthema all unsrer Spiele machte.«
»Na und«, lachte er da. »Das ist eben eine dieser schönen alten Geschichten, die man einfach nicht aus dem Kopf kriegt. Und immerhin hattest Du die große Ehre mich am Ende der Reise, mit der Kraft deiner Liebe, von all diesen bösen Flüchen zu erlösen. Wofür ich Dich fast jedes Mal zu meiner Braut machte. Wie es eben zu dieser Geschichte passte. Und mit dem heutigen Tag feiert die sogar ihr tausendjähriges Jubiläum.«
Da nun ließ er kurz von ihr ab und holte das Weidenkörbchen mit den wilden Beeren und hob auch den Gänseblümchen-Armreif wieder auf.
»Apropos Braut«, sagte er da und wurde auf einmal überraschend ernst. »Du erinnerst Dich doch noch an das letzte Versprechen von damals, ja?«

Für einen Moment verschlug es Katherine da die Sprache. Denn das Weidenkörbchen mit den Beeren und dieser Armreif. Beides sah genauso aus, wie in ihrem Traum von zuvor. Sie schluckte, ehe ihr Blick auch wieder über die vielen, herum flimmernden Glühwürmchen glitt.
Da trat Damon an sie heran, wie schon damals bei ihrem letzten Treffen, als er vierzehn und sie noch nicht mal zwölf war. Er übergab ihrer Rechten die Beeren, dann schob er ihr den Armreif vorsichtig über ihre Linke. Es folgte ein erwartungsvoller Blick. »Nun, ich hab Dich ja schon vorgewarnt. Diesmal meine ich es ernst«, er trat zur Seite und wies auf den See, wo jetzt auch noch zwei erwachsene Schwäne dicht beieinander an ihnen vorüber paddelten. »Jetzt bist Du an der Reihe.«

Und wenngleich Katherine nicht mitbekam, wie Damon den beiden Schwänen noch wehmütig zunickte, als würde er sich tatsächlich von zwei ihm engen Verwandten verabschieden, begriff sie doch endlich, was hier wirklich gerade passierte.
So auch, dass weder ihre Anwesenheit hier, noch seine oder die dieser Schwäne da, einfach nur Zufall sein konnte. Nein, das hier war ihr Schicksal, genauso wie es ihr die Großmutter immer geschildert hatte. Nur in echt.

Sie hatte es gespürt. Schon als sie diesen Spaziergang heute begann. Von Anfang an fühlte sie sich wie auf einer Reise durch ihre Vergangenheit und diese legendäre Clans-Sage. Sie wollte es bisher nur nicht wahr haben. Ihr Blick fiel wieder auf Damon, auf seine noch immer nassen Haare, seinen nackten Oberkörper, die nassen Jeans. Und dann waren da auch noch ein paar weiße Schwanenfedern zu seinen bloßen Füßen, die nun von einer sanften Abendbrise aufgewirbelt und in den See getragen wurden. Da erst wurde Katherine alles klar.
So auch, dass manche Geschichten, dann eben doch nicht nur Geschichten waren.

»Du wußtest es immer schon, hab ich recht?«, sagte sie da zu ihm.
»Was denn?«, antwortete er sogleich mit einer Gegenfrage. Immer noch folgte sein Blick den beiden Schwänen, die sich jetzt langsam von ihnen entfernten.
»Das meine Großmutter recht hatte. Deshalb hast Du das ständig mit mir durchgespielt. Mit kleinen Abwandlungen, schon klar, aber doch wieder und wieder. Von Anfang an.«
Ein leises Lächeln flog über seine Lippen. Dann erst wandte er ihr sein Gesicht zu.
»Du hast es nie geglaubt und mich dennoch zuvor erkannt. Ich bin jetzt schon zufrieden mit dem Ergebnis und werde Dich bestimmt zu nichts weiter drängen. Du musst dein Versprechen von damals also nicht halten.«
Da musterte sie Damon McEala sehr lange und erinnerte sich sogar wieder daran, wie er ihr einst erklärte, das Schwäne zu den wenigen Tieren gehörten, die ihr ganzes Leben nur mit dem Partner verbrachten, den sie einst für sich auserkoren hatten. »Das möchte ich aber. Jetzt erst recht«, antwortete sie da.
Schon zog Katherine sein Gesicht zu sich herunter und küsste ihn einfach innig.
Ach Großmutter, jetzt wird wohl doch noch eine echte Erbin aus mir, dachte sie da verschmitzt.


zuletzt bearbeitet 25.04.2024 10:05 | nach oben springen

#2

RE: Der Eala-Clan, im Bann der Liebe

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29.09.2020 16:49
von muglsabine2016 • 277 Beiträge | 1545 Punkte

Liebe Drita,

auch ich wünsche dir für deine neue und wunderbare Zukunft alles erdenklich Gute.
Vielen Dank für deine wunderschönen Geschichten. Und wenn du dich eingelebt hast und wieder einmal mehr Zeit haben wirst, schreibst du vielleicht neue Geschichten und lässt uns eines Tages daran teilhaben.
Alles Liebe und herzliche Grüße
Sabine


zuletzt bearbeitet 21.07.2023 11:30 | nach oben springen


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