� SHORTSTORIES » 02.Weihnachten wie Damals

Kontakt

AGB

Willkommen in unserer Schreibwelt �

Die Lesestube

�

� SHORTSTORIES
�

02.Weihnachten wie Damals - von A. C. Greeley

in

� SHORTSTORIES
17.06.2018 10:55
von Evelucas • 550 Beitr�ge | 2242 Punkte

Weihnachten wie Damals!
von A.C. Greeley

Das kalte Licht flackerte und zauberte schattenhafte Figuren auf die kahlen, grauen W�nde.
�Die Stromversorgung scheint wieder ein bisschen gest�rt, Lindy. Bitte schau einmal nach, ob die Hauptstromschalter abgedreht sind.� Die br�chige Stimme klang m�de, dennoch lag noch ein wenig Leben darin.
�Ja, Urgro�vater, ich schau schon. Mach dir keine Sorgen. Wir haben auch noch Wachslichter, falls unser Stromnetz wieder zusammenbricht.� Eine schlanke Frau etwa Ende drei�ig erhob sich und verlie� den grauen Raum.
Der alte Mann nickte leicht.
�Achja, Wachslichter sagt ihr ja dazu. Wir nannten sowas damals Kerzen.� Seufzend lehnte er sich zur�ck, w�hrend l�ngst vergessene Bilder von Tannenb�umen, Schneeflocken und liebevoll gestaltete Weihnachtsb�ckereien vor seinem geistigen Auge entstanden. Es musste ungef�hr um diese Zeit im Jahr herum gewesen sein.
�Ja, das war herrlich, Weihnachten mit der ganzen Familie.� Doch das war schon sehr sehr lange her ... Nur schemenhafte Erinnerungen an diese sch�ne Zeit waren noch vorhanden. Damals, vor fast hundert Jahren, als er noch Weihnachten erleben durfte.
Ein leichtes Knarzen erklang in seiner N�he als sich sein Urenkel Kenneth, ein kleiner st�mmiger Junge, von seinem Platz am Tisch erhob. Zaghaft trat er an den alten Lehnstuhl, in dem die gebeugte Gestalt seines Urgro�vaters sa�.
�Schau mal, ich hab ein Buch gefunden. Ich hab da was gelesen von Schnee und Weihnachten.� Sch�chtern hielt er dem alten Mann ein zerfleddertes Buch hin. �Und du hast gerade etwas von Weihnachten gesagt. Was ist das, Urliopa?�
Verwundert blinzelte der Angesprochene, als er dem Jungen das uralte Zeugnis einer fr�hlicheren, l�ngst vergangenen Zeit vorsichtig aus den Fingern nahm.
�Ein Buch. Sieh mal einer an� Ein sachtes Leuchten, einer weichen Kerzenflamme gleich, erschien in den von zahlreichen Falten umrahmten Augen.
�Na so was. Woher hat Mama denn das?� And�chtig fuhr er �ber das ehemals feste Cover, zog sanft die nur mehr matten, verblichenen Reste eingravierter, goldener Buchstaben nach, ehe er vorsichtig das Buch aufbl�tterte. Die Seiten waren teilweise eingerissen und einige fehlten komplett. Leise Wehmut schlich sich in sein Herz. Es war schon viele Jahre her, das er zuletzt so etwas gesehen hatte.
�Ich habe das in der alten Kiste gefunden. �hm, die ... na, du, �h, du wei�t schon, die verbotene Kiste�, wisperte er.
Der kleine Junge klang schuldbewusst, doch der alte Mann l�chelte sachte. Die verbotene Kiste also. Jaja ...

�Aber Mama hat das hier vorher da raus genommen. Schau mal.� Kenneth hielt dem alten Mann etwas silbrig Glitzerndes hin. Es war klein und hatte mehrere Zacken. Ein seltsames Ding, doch irgendwie gefiel es ihm.
�Das ist ein Weihnachtsstern, mein Junge. Wie die Sterne am Himmel, die in der Ferne leuchten.� Ein sehnsuchtsvolles Leuchten in den Augen des alten Mannes machte Kenneth neugierig.
�Was ist das, ein Stern, der in der Ferne leuchtet?� Aus gro�en Augen starrte der Junge den alten Mann an.
�Oh, das kennst du ja auch nicht.� Urliopa streckte seine H�nde nach dem schmiedeeisernen Ofen aus, der eine angenehme W�rme verstr�mte. Er fror immer so viel, obwohl die eigene W�rmeversorgung in dem ausgebauten Bunkerkomplex stets in Betrieb war. Aus diesem Grunde besa� er auch dieses alte Relikt einer l�ngst vergangenen Zeit.
�Pass auf, mein Junge. Setz dich her, dann erz�hle ich dir, was Weihnachten ist, und was Sterne sind. Und Schnee.�
�Von Schnee hab ich schon was gelesen�, meinte der Junge altklug, w�hrend er sich auf dem kleinen Hocker zu den F��en des alten Mannes setzte.
�Ist er wirklich so kalt wie Eis, und stimmt das, das er wei� ist?�
�Ja, Kenneth, das stimmt. Aber h�re zu.�
Der alte Mann lehnte sich zur�ck und versuchte sich zu erinnern.
�Damals konnte man noch raus und in der Natur herumlaufen, wei�t du? Die Natur war sehr sch�n. Da gab es im Sommer Blumen und gr�ne Wiesen, B�ume in allen Schattierungen. Im Herbst waren alle Bl�tter bunt. Gelb, rot und sp�ter braun und im Winter, da gab es Schnee, der vom Himmel fiel, und K�lte lie� unsere Wangen err�ten. Wir bauten Schneem�nner, fuhren mit Schlitten. Und wenn der Himmel wolkenlos war, leuchteten am Abend, wenn die Sonne verschwand, unz�hlige Lichter am Himmel. Das waren die Sterne.�
Aufmerksam blickte der Junge ihn an. Er konnte es kaum erwarten, mehr zu h�ren, und der alte Mann fuhr, ganz in seiner Erinnerung versunken, fort.
�Ja, ich sehe es noch manchmal in meinen Tr�umen. Da gab es einen Weihnachtsbaum, mit Kerzen darauf, und der Schnee fiel kalt vom Himmel. Er war wei�, so wie meine Haare. Es gab Zimtsterne und Kekse, die schmeckten so gut und im ganzen Haus, du wei�t schon, das mit den Fenstern, wo man raussehen konnte, und den hellerleuchteten Zimmern, da duftete es herrlich. Tausende Lichter erstrahlten, und es gab rundherum nur gl�ckliche Gesichter.�
�Urliopa, was ist denn ein Weihnachtsbaum?� Der kleine Junge hoffte, das der alte Mann noch mehr erz�hlen w�rde. Das klang alles so sch�n.
�Der Weihnachtsbaum war sowas wie das hier.� Der Alte wies auf eine Seite im Buch, wo ein Tannenw�ldchen abgebildet war. �Jedes Jahr wurde einer f�r uns gef�llt und den schm�ckten wir mit Sternen und schimmernden Kugeln, Strohschmuck und Porzellanfiguren.�
Auf einmal f�hlte sich der alte Mann beschwingt, wie schon lange nicht mehr, und in seiner Brust breitete sich ein warmes Gef�hl aus.�Damals gab es Frieden in den Herzen aller Menschen und die Familien kamen zusammen, um gemeinsam zu feiern. Weihnachen war das sch�nste Fest im Jahr. Wir Kinder naschten Kekse und warteten auf die Bescherung.� Er l�chelte sachte bei dieser Erinnerung, und seine Augen gl�nzten. Niemals w�rde er diese gl�ckliche Zeit vergessen.
�Was ist die Bescherung, Urliopa?�
�Ach ja, das kennst du ja auch nicht.� And�chtig fuhr der Alte mit seiner Erz�hlung fort.
�In �sterreich nannte man es Bescherung, wenn das Christkind Geschenke brachte. Keiner von uns sah das himmlische Kind im goldschimmernden Kleid mit den langen hellen Haaren, wenn es kam. Doch wir alle mussten irgendwann an diesem Heiligen Abend, dem Weihnachtsabend, aus dem Zimmer gehen, wo der Baum aufgeschm�ckt bereitstand. Dann begann das Warten aufs Christkind. Und wenn das Gl�ckchen erklang, dann durften wir wieder zur�ck in den gro�en Wohnraum. Und siehe da, unter dem hell erleuchteten Baum lagen viele bunte P�ckchen. Da war f�r jeden eines dabei. Und gesungen haben wir auch.� Auf einmal war dem alten Mann gar nicht mehr so kalt.
Kenneth legte eine kleine Hand auf den Arm seines Ururopas.
�Und was habt ihr gesungen?�
�Also gesungen haben wir ... warte mal ...� Er dachte nach, ehe er endlich mit br�chiger Stimme ein Lied anstimmte.

�Stille Nacht, Heilige Nacht,
alles schl�ft,
einsam wacht, nur das traute hochheilige Paar, Holder Knabe im lockigen Haar, schlaf in himmlischer Ruh�, schlaf in himmlischer Ruh ...�

Dem Jungen wurde eigenartig warm ums Herz, als er die feierlich klingenden Worte aus dem Munde seines Urliopas h�rte und er f�hlte sich auf einmal traurig und gl�cklich zugleich. Das war so sch�n, wieso sangen sie hier nicht noch viel mehr? Singen konnte man doch immer, oder nicht?
�Ja, das war das Lied, es erz�hlt vom Jesus Kind.� Betr�bt hielt der Alte inne.
Kenneth sp�rte die Stimmung seines Ururopas.
�Wieso wird das nicht mehr gefeiert? Also das Weihnachten?�
F�r einen Augenblick wurde es ganz ruhig im Raum. Das brennende Zeug im alten Ofen seines Urliopas knackte leise und Kenneth h�rte die sachten Schritte seiner Mama, die soeben vom Stromaggregat zur�ckkehrte.
Leise seufzend fuhr der alte Mann fort.
�Da gab es einmal einen ganz gro�en Krieg. Und die Bombe ist hinuntergefallen, diese gro�e Atombombe. Damals haben wir alle hier runter m�ssen. Und hier leben wir jetzt. Nichts mehr mit Schnee oder mit Zimtsternen. Nichts mit den gl�cklichen Gesichtern und den vielen Sternen und nichts mehr mit ... mit Weihnachten.�
Kenneth war nun auch traurig.
�Ich ... ich glaube, ich w�rde gerne Weihnachten feiern, so wie du damals ...�
Lindy war zu ihrem Uropa getreten und umarmte ihn. Kleine Tr�nen stahlen sich in ihre Augenwinkel. Kenneth sah auf einmal so traurig aus, aber zuvor war er doch noch gl�cklich gewesen.
Ein unbek�mmertes Kind ...Leise begann sie das Lied weiterzusingen, das sie damals noch von ihrer Urgro�mutter gelernt hatte ...

�Stille Nacht, Heilige Nacht ...
Hirten erst kundgemacht ...�

The End

Mehr SchreibElan Einzeltexte von unseren Autoren, findest du auch hier: Unsere B�cherstube / Shortstories

zuletzt bearbeitet 01.04.2020 14:42 | nach oben springen