poll Umfrage: Allgemeiner Werkeindruck?
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2. Ist ok, aber etwas kompliziert formuliert. Spannungsbogen und Logik weist Schwächen auf. 0% 0

3. Zu kompliziert, schwer zu verstehen. Einige unlogische Passagen und Spannungsdefizite sollten nochmal überarbeitet werden. Näheres bitte aus meinem Kommentar zu entnehmen. 0% 0

4. Ist noch nicht wirklich "Veröffentlichungsreif", da sollte noch so manches überarbeitet und dem Leser verständlicher ausformuliert werden. Näheres ist bitte meinem persönlichen Kommentar zu entnehmen. 0% 0

5. Text erweckt den Eindruck, sich noch in vollständiger Rohfassung zu befinden. Solle unbedingt nochmal einer "Gesamtüberarbeitung" zugänglich gemacht werden. 0% 0
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#1

Shortstory/Wer sind Mr. und Ms. Warum?

in
Betaleser Konto Muster - Karl Mustermann 27.09.2018 23:35
von Evelucas • 550 Beiträge | 2242 Punkte







Wer sind Mr. und Ms. Warum?
Evelucas

Mal fragen kann nicht schaden, oder doch?...


»Warum ist der Himmel blau?«, fragte er.
»Warum willst du das wissen?«, fragte sie und begann den Boden zu schrubben.
Ich musste lachen, denn beides konnte auch ich nicht zur vollen Zufriedenheit der Beiden beantworten. Obschon mir durchaus bewusst war, dass dieses Blau am Himmel, die Lichtreflexion der Sonne, auf der Atmosphäre unserer Erde ist, die wiederum aus mehreren Schichten besteht. Das konnten die Menschen damals aber noch nicht wissen. Gerne hätte ich ihnen das jetzt mitgeteilt, aber das ging natürlich nicht.
»Warum bin ich überhaupt überzeugt davon, dass der Himmel blau ist?«, fragte Mr. Warum da wieder.
»Warum stellst du solche Fragen, wäre es dir lieber er sei glühend rot?«, entgegnete Ms. Warum jetzt entnervt.
Hm, dachte ich da bei mir. Denn genauso sah der Himmel doch auch manchmal aus. Das hätten die aber schon wissen müssen, wenngleich sie nicht hätten erklären können, warum das so ist.
Also eben weil unsere Atmosphäre das Licht der Sonne in ganz unterschiedlichen Farben reflektiert. Abhängig von der Tageszeit, dem Ort, von wo aus der Himmel gerade betrachtet wird und der Art des vorhandenen Farbverständnisses, dass wir in uns tragen.
Andererseits ist es auch gerade dieses Farbverständnis, das es ohne Mensch nicht gäbe.
Denn man musste uns zuerst mal beibringen, dass Blau, Rot, Gelb, Grün – also alle uns bekannten Farben, die wir wahrzunehmen vermögen – auch blau, rot, gelb, grün bedeutet.
Sogar die Definition dessen, als Farben, wurde uns nur beigebracht. Für andere Lebewesen ist das nicht wichtig. So bleibt natürlich stets die Frage offen, was ich als Mensch überhaupt wissen kann? Im Grunde kann ich somit nur aussagen, wie ich gewisse Dinge, auch bestimmte Farben, wahrzunehmen fähig bin. Ob sie aber wirklich so sind, wie ich sie wahrnehme, oder diese von anderen Lebewesen genauso wahrgenommen werden, bleibt weiterhin ein Rätsel.
»Warum denkst du überhaupt nach?«, wollte Ms. Warum plötzlich wissen. »Das nervt«, fügte sie hinzu und schrubbte den Boden weiter.
»Warum nicht?«, konterte Mr. Warum. »Das tust du doch auch. Weshalb sonst solltest du mich danach fragen?«
Ha, dachte ich erfreut. Darauf kenne ich die Antwort.
Der Mensch will verstehen wie die Welt über, unter, links und rechts von ihm, samt seiner Mitmenschen und all den anderen Geschöpfen um ihn herum funktioniert. Denken ist das, speziell auf unsere Lebensform abgestimmte und funktionstüchtigste Werkzeug, um diese Welt überhaupt auf irgendeine Weise wahrnehmen zu können. Nur dadurch sind wir auch im Stande, uns an spezifische Gegebenheiten anzupassen. Ohne Denken, keine Fragen, keine Antworten – kein Geist, kein Verstehen, kein lebender Mensch.
Oh ähm, einen Moment mal ...
»Warum ist der Mensch überhaupt wichtig?«, murmelte Mr. Warum da.
Ms. Warum schnaubte wütend.
»Warum sollte es überhaupt von Bedeutung sein, dass auf der Welt irgendetwas denkt oder lebt, wie du?, kam die entnervte Gegenfrage, während es langsam so aussah, als würde sie den Boden nicht mehr schrubben, sondern mit dem Schrubber regelrecht ausradieren wollen.
Doch zumindest bekam sie jetzt mehr Aufmerksamkeit von ihrem Mann. Diese Frage schien ihn aufzuwühlen.
Erst als er ihr daraufhin beim Schrubben zusah, während sie sich mit verbissenen Lippen in diese Tätigkeit geradezu hineinsteigerte, verlor er sein Interesse wieder. Ihre Frage allerdings, stand immer noch unbeantwortet im Raum und ließ ihn nicht mehr los.
Du liebe Zeit!, dachte ich bei mir. Einen Warum-Sinn für den denkenden Menschen selbst zu definieren, war aber eine harte Nuss. Wer behauptete denn, dass eine Welt ohne denkenden Menschen, eine schlechtere wäre? Denn wo kein Mensch oder etwas anderes bewusst Denkendes ist, gäbe es auch nichts, was sich über etwas Schlechtes oder Gutes Gedanken machen, beschweren oder freuen würde. Da wäre einfach nichts mehr, was Gedanken über Schlechtes oder Gutes festlegen könnte. Ein hässlicher Stein, wäre ohne Wertung meinerseits oder jemanden sonst, einfach nur ein Stein. Weder gut noch schlecht, weder schön noch hässlich. Ja, vermutlich wäre er noch nicht einmal ein Stein, sondern gar nichts scheinbar Erkennbares, denn es gäbe nichts Sinn-Bewusstes mehr, das diesem WAS, irgendeine Bedeutung zugestehen könnte. Also bliebe der Stein einfach bedeutungslos. Nichts wäre von Bedeutung, ohne menschlichem Geist, für den Bedeutung an sich erst bedeutsam ist.
Scheinbar kam auch Mr. Warum zu diesem Schluss. Dummerweise hatte er aber kein glückliches Händchen dafür, diese Gedanken auch seiner Frau gegenüber einfühlsam auszudrücken.
»Warum genau schrubbst du also den Boden? Das wäre ohne bewusstem Element, das in diese Tätigkeit Bedeutsames hineinzudenken fähig ist, doch dann auch bedeutungslos«.
Ms. Warum hielt abrupt inne. Langsam richtete sie sich auf, wandte sich ihrem Mann zu und lächelte, jedoch zähnefletschend. Ähnlich einer wütenden Wölfin.
Und wäre Mr. Warum nicht gerade so derart in seine rätselhaften Fragen und Gedanken verstrickt gewesen, hätte auch er diesen wilden Glanz der Furie, in den Augen seiner eigenen Frau erspäht. Das wiederum, hätte ihn auch davor gewarnt, was gleich danach folgte.
»Weißt du was ...«, erwiderte Ms. Warum da angespannt, während sie in scheinbar stoischer Ruhe den schweren Holzkübel voller Schmutzwasser hochhob.
»Warum scherst du dich nicht einfach zum Hades!«, explodierte sie jetzt, goss den gesamten Inhalt des Kübels schwungvoll über Mr. Warum aus und jagte ihn – den Schrubber bedrohlich über ihren Kopf schwingend – zornig zeternd aus dem Haus.
Plötzlich stand Mr. Warum triefend nass, allein auf der Straße, begriff nicht ganz, wie ihm geschehen war, schien darüber jedoch weder geschockt, noch entrüstet zu sein.
»Interessant«, murmelte er zuerst.
Und schließlich fragte er sich ...
»Warum reagiert Mensch derart aufgebracht auf die mögliche Bedeutungslosigkeit seiner Existenz, Tätigkeiten oder das Leben an sich? Aus Angst? Und wenn ja, Angst wovor?«
Und schon überschlugen sich meine Gedanken wieder. Irgendwie wurde es immer schwieriger auf Mr. Warum‘s Fragen Antworten zu finden. Da fiel mir ein, vielleicht machte es dem Menschen an sich Angst, sich einzugestehen, nur eine biologische Laune des Zufalls zu sein? Sowie die Schöpfung als Ganzes. Und irgendwie konnte ich das sogar verstehen. Ich meine, was wäre unsere Welt uns noch wert, wenn unsere Art, etwas wertzuschätzen, sich dadurch auch als sinnlos herausstellen könnte? Welche Bedeutung hätte unser Leben noch, ohne diesem Lebenswert-Verständnis, entsprechend unserer Vorstellung und Wahrnehmung. Oder gar der Tod, ohne unserem Bewusstsein dafür?
Den gäbe es ja auch nicht mehr, aus unserer Sicht, denn das würde zuerst ein lebendiges Verständnis, wie das Unsere, dafür voraussetzen, ohne diesem, wir schlicht nicht wüssten, überhaupt des Sterbens fähig zu sein.
Soll heißen, in einer Wahrnehmungs-Welt ohne Wertung, ohne Vergleiche, also von sinnloser Existenz, wäre damit selbst der Tod, ähm ja, also halt tot, beziehungsweise bedeutungslos für uns.
Hm, hat sich der Mensch deshalb Götter erschaffen?
»Warum gibt es also Religionen? Welchem Zweck dienen sie überhaupt?« fragte sich Mr. Warum jetzt. »Und warum, gibt es sie nur unter Menschen?«, fügte er seinen Gedanken sogleich hinzu.
Wäre ich jetzt Theologe, würde ich darauf antworten: Weil nur der Mensch dazu in der Lage ist, sich der höheren Macht einer Gottheit bewusst zu werden.
Zum Glück bin ich kein Theologe.
Deshalb war ich mir aufgrund meines zuvor schon so erfolgreichen, metaphysischen Höhenflugs sogar ziemlich sicher, echte Antworten darauf zu kennen. Denn es konnte fast nur die menschliche Angst vor der Sinnlosigkeit einer rein biologischen, nur zufälligen Lebensform, für all diese Götterreligionen verantwortlich sein. Das war doch ganz logisch.
Würde der Mensch den rein biologischen Gedanken seines Daseins nur im Ansatz, als einzig mögliche Wahrheit akzeptieren, müsste er sich im Zuge dessen auch damit abfinden, dass auch nur er, überhaupt Sinn braucht.
Ohne ihn gäbe es nämlich noch nicht einmal die Frage nach einem Sinn an sich für diese Welt, schon gar nicht von solch hoher Bedeutung.
Das wiederum hieße auch, dass nur er selbst jener wäre, der seinem Leben Bedeutung zu geben fähig sei, dem Rest der Welt, fernab aller Menschen, wäre das nämlich völlig egal.
Daraus resultierend müsste sich Mensch also auch eingestehen, tatsächlich ganz allein für sich und sein Handeln verantwortlich zu sein, was ihm noch mehr Angst machen würde.
Zwangsläufig musste somit etwas her, dass ihm diese derart bedeutsame, als für ihn auch beängstigende Bürde abzunehmen gewillt wäre.
Die Erfindung von Religion kam ihm dafür gerade recht. Eine solche beinhaltet immerhin eine großzügige Auswahl überirdischer Geschöpfe – die wiederum vom Menschen selbst erfunden worden waren – welche ihn äusserst gewillt von vielerlei Verantwortlichkeiten zu erlösen vermochten. Und das Allerbeste daran, sie brauchten ihn, beziehungsweise seinen Glauben, um überhaupt existieren zu können. Da bekam doch sogleich der Mensch selbst, auch einen höheren Sinn.
Solange er an seine Erfindung, also die Götter glaubte, durften diese existieren und dafür wiederum, belohnten sie den gläubigen Menschen durch ihren mutmaßlichen Schutz. Dazu gehörte natürlich auch, dass die einen Menschen, die anderen, die nicht an dieselben Gottheiten glaubten, sogar abschlachten durften.
Wie praktisch.
Und schon wurde der gläubige Mensch selbst, zum wichtigsten Werkzeug Gottes oder anderer Gottheiten, um zumindest für irgend etwas sinnvoll zu sein. Ja sogar für die ganze Welt plötzlich Sinn machte. Denn Gott – ganz gleich um wie viele Jahrtausende später er seinen vielen Vorgängern erst folgte – schuf den Menschen ja nach seinem Ebenbild, um die Welt zu erretten. Denn dieser Welt drohte nun plötzlich große Gefahr vom Teufel. Also dem vom Menschen selbst erfundenem Sinnbild für alles Böse, dem natürlich auch sämtliche Vorgänger Gottes dienten, so wie sämtliche Ungläubige oder anders glaubende Menschen. Die waren zwar auch nach Gottes Ebenbild geschaffen worden, wussten es aber nicht und sind deshalb leider vom rechten Wege abgekommen. So ein Pech aber auch.

Klarer ausgedrückt: Mit der Erfindung Religion, um der Angst seiner eigenen Verantwortung und damit verknüpften Bedeutungslosigkeit seiner Existenz zu entfliehen, machte sich der Mensch unter dem strengen Blick eines nur für sich selbst geschaffenen, göttlichen Geschöpfes, plötzlich zum Mittelpunkt einer mystischen Märchenwelt.

Eine Welt, die sich ständig in einem Kampf zwischen Gut und Böse befinden muss, um den Menschen, überzeugend vorzugaukeln, sie würden dringend gebraucht, um überhaupt Sinn haben zu dürfen. Ein Weltbild, beziehungsweise eine Vorstellung, die es ohne Mensch erst gar nicht gäbe. Da es nämlich ohne menschlichen Geist gar keine wertenden, vergleichenden oder verurteilenden Gedanken auf unserer Welt gäbe, so auch keine Götter. Es gäbe in Wahrheit nichts Böses auf dieser Welt ohne Menschen, die dieselbe doch überhaupt erst in Gut und Böse einzuteilen wünschen. Was noch dazu pure, willkürliche Ansichtssache ist, abhängig davon, auf wessen Seite man eben gerade steht?

Noch einfacher also ausgedrückt: »Ohne Mensch, keine Gedanken an Götter unterschiedlicher Betrachtungen. Keine Definition von gut und böse, keine Göttlichkeit oder Gottlosigkeit. Ohne menschliche Gedanken also, keine vergleichende, wertende oder verurteilende Welt und Gesellschaft, die nur auf unserer illusorischen Vorstellung von Gut und Böse erbaut wurde.«

Ja, so primitiv ist des Menschen Leben, dass er sich aus seiner Bedeutungslosigkeit heraus Illusionen zu schaffen, gezwungen sah, um vor sich selbst bedeutender zu erscheinen.
Aber wird dadurch nicht plötzlich ALLES, nämlich wirklich ALLES um uns herum, im Grunde zu einer Frage des GLAUBENS, beziehungsweise des in etwas Be-Deutung Hineindenkens vom Menschen, ohne wirklichem Wissen, worüber auch immer?
Plötzlich wird klar, dass Religionen samt deren Gottheiten und allem, was wir vor diesem Hintergrund sonst noch zu wissen glauben, purer Selbstbetrug sind. Eine Illusion unserer Wahrnehmung samt den damit einhergehenden Gewohnheiten, daran angepassten Denkstrukturen und Empfindungen.
Wir fliehen uns sozusagen in eine auf vielerlei Lügen aufgebaute Wahrheit, um diese größte Lüge als einzige Wahrheit zu preisen, während wir uns vor der Wahrheit selbst, erst recht nur verstecken.
Eben vor jener klaren Erkenntnis, die uns nicht nur als Selbstlügner blamieren, sondern auch als bedeutungslos entlarven könnte? Zumindest in Hinblick auf die Welt an sich.
Wow! Sogesehen ist der Mensch, im Verhältnis zu vielen anderen Lebensformen, doch wieder einmal das Dümmste, was es auf dieser Erde gibt. Er ist nämlich auch der Einzige, der für diese Illusion sogar bereit ist, andere seiner Art zu zerstören, nur um bloß nicht mit seiner eigenen Bedeutungslosigkeit konfrontiert zu werden. Wie deprimierend.
»Warum aber ist der Mensch so ein mieser Schöpfer seines Seins?«, grübelte auch Mr. Warum wieder, der immer noch nass, jetzt in Richtung Marktplatz schlurfte, während er eine schneckengleiche Spur durch die gepflegten und sauberen Gassen Athens zog.
Hm. Eine wahrlich berechtigte Frage, die man sich als Mensch viel öfter stellen sollte, bedenkt man, dass tatsächlich jeder Mensch, seinem Leben nur selbst Bedeutung und Sinn zu geben vermag, indem er stetig eigene und neue Wahrheiten zu schaffen befähigt ist. Wie man ja anhand seiner vielen Glaubenswelten schon erkennt.
Er formt sich seine eigene Lebensrealität, zumindest unter und über seinesgleichen.
Daraus resultierend hätte sich der Mensch einst viel liebenswertere Götter schaffen können, anstatt solche, die er bisher schuf.
Er hätte sich schönere Lügen von Bedeutung und wesentlich friedlichere Religionen schaffen können, als solche, die es bisher gibt.
Er hätte sich gerechtere Gesetzte für diese gemeinsame Welt, die er mit seinesgleichen teilt, ausdenken können.
Er hätte die Fähigkeit, dem Teilen und Schenken einen höheren Wert von Bedeutung zuzugestehen, als dem Wegnehmen und gierigem Festhalten an seiner selbstzerstörerischen Habgier.
Er hätte sogar selbst darüber entscheiden können, Andere immer zu unterstützen, einfach so, wodurch auch ihm eines Tages mehr Unterstützung zuteilgeworden wäre.
Er hätte selbst entscheiden können, lieber Leben zu schenken, anstatt zu nehmen.
Er hätte viel gerechter zu denken vermocht, anstatt ungerechtes Denken zu pflegen, und könnte sogar selbst darüber entscheiden, seinen Mitmenschen Vertrauen zu schenken, anstatt Misstrauen zu streuen.
Jeder Mensch hätte das von Anbeginn seiner Existenz tun können, jeder Einzelne.
Und jeder Mensch, könnte das auch heute noch tun, jeder Einzelne.
Völlig unverständlich ist also ...
»Warum tut es der Mensch einfach nicht?«, wie Mr. Warum jetzt natürlich wissen wollte.
Einstweilen war er am Marktplatz angekommen und streunte zwischen den vielen Leuten umher, die eifrig darum bemüht waren, höchst konzentriert ihren alltäglichen Geschäften und scheinbaren Pflichten nachzukommen.
Indessen kam mir der Gedanke – womöglich weiß der Mensch gar nicht, von welch großartigem Wert, sein eigenes, bedeutungsloses
Lebendigsein wirklich sein könnte?
Würde er sich selbst zum einzig sinnvollen Schöpfer, seiner eigenen kleinen Welt, seiner eigenen, bedeutungslosen Existenz bekennen, könne er diese nämlich auch ganz ohne Götter, wesentlich bedeutsamer für sich gestalten.
Wäre jeder Mensch einfach Willens genug, für seine Existenz selbst Verantwortung zu übernehmen, diese ebenso zu lieben und wertzuschätzen, wie derselbe stetig von sich behauptete die Gerechtigkeit, das Leben, seine Mitmenschen, ja sogar die Liebe selbst oder die Natur zu lieben, gäbe es bald keine Menschen mehr, die sich mit stolzgeschwellter Brust und freiwillig unter ihrem eigenen Lebens-Selbst-Wert, an ein habgieriges System verkaufen würden.
Denn einem Menschen, den man aufrichtig liebt und wertzuschätzen versteht – wäre man auch nur selbst dieser Mensch – würde man so etwas doch niemals antun wollen, oder?
Da nickte Mr. Warum und fragte sich plötzlich erfreut.
»Warum ist mir das nicht schon viel früher eingefallen?«
Hey!, dachte ich da etwas pikiert. Was heißt da IHM? Ich war das doch, wenngleich aufgrund seiner Fragerei.
»Ach, und warum sollte das jetzt so sein?«, hakte Mr. Warum plötzlich überraschend nach.
Das warf mich echt aus der Bahn.
Führte der Selbstgespräche mit einer Stimme in seinem Kopf, die zufällig dasselbe dachte, wie ich, oder wie zum Teufel war das denn jetzt möglich? Seit wann sprachen fiktive Figuren mit ihren Schöpfern? Das kann nicht wirklich passieren.
»Warum nicht? Ich habe es jetzt einfach satt, mir Gedanken eingeben zu lassen, die nur durch mich einst in deinen Geist gelangten. Solange du dich weigerst, vor deinen Lesern Farbe zu bekennen und den Namen der wahren Inspiration hinter deinem Gedankentext zu ehren, einschließlich deiner daraus resultierenden Erkenntnisse, fühle ich mich ausgenutzt. Das gefällt mir nicht, zudem ich heute auch noch genügend wichtigeres in meiner Zeit zu erledigen habe. Und wer von uns gerade mit wem Selbstgespräche führt, ist wohl eher eine Frage des Blickwinkels.
Argrrr ..., dieser ..., dieser ...! Ich raufte mir die Haare. Das ist doch geradezu unerhört! Was bildete sich dieser arrogante Kerl eigentlich ein?
Figuren aus einer längst verlorenen Vergangenheit schafften doch nicht mit ihren modernen Schöpfern an? Ach, hätte ich doch jetzt nur auch so einen Holzkübel voller Schmutzwasser, wie Xanthippe, als sie diesen unverschämten Mann zuvor aus dem Haus scheuchte, denn dann ...
»... müsstest du dir diesen, um mich loszuwerden, selbst über- beziehungsweise in den Kopf schütten, gute Frau! Und jetzt such dir gefälligst einen anderen Spielgefährten, ich habe nun mal keine Lust mehr, von dir, wie eine Marionette durch diesen Text geschleift zu werden. Geh dann mal. Antio, Madame!«
Wie bitte? Versaut mir da jetzt gerade ernsthaft der eigene Protagonist meine philosophischen Höhenflüge?
Aber ..., da ..., das stimmt so nicht. Ich weiß genau, dass es so nicht enden kann!
»Oh, welch unweise Gedanken, dummes Frauenzimmer. Ich würde nie von mir behaupten, so etwas zu wissen. Ich weiß immer nur, dass ich nichts weiß. Und wer weiß, dass er nichts weiß, der weiß in jedem Fall schon mal viel mehr, als der, welcher nichts weiß, einschließlich der Tatsache, das er nichts weiß. Schreib dir das zuerst hinter die Ohren, bevor du mich das nächste Mal belästigst«.
»Na toll! Jetzt beleidigt mich der auch noch!«, regte ich mich nun lautstark auf.
»Ähm ... Schatz? Alles ok bei dir?«, holte mich auf einmal die Stimme meines Mannes aus der Geschichte.
Ich schreckte überrascht hoch und wurde mir plötzlich wieder meiner eigenen Realität und Gegenwart bewusst – oder eben dem, was ich normalerweise darunter verstand.
»Oh ... ähm, ja klar. Alles gut. Ich habe mich nur über diesen arroganten griechischen Philosophen Sokrates aufregen müssen. Nicht genug damit, dass er mich beleidigte, hat er mir auch noch meinen tollen Text versaut. Ich hasse das«.
»Wie bitte? Der Sokrates?«, wollte mein Mann da wissen.
Ich nickte etwas geknickt.
»Ernsthaft jetzt? Du sprichst wirklich von jenem Philosophen, der um ca. 400 v. Chr. im antiken Athen lebte, eines Tages von seiner Frau Xanthippe vor die Tür gesetzt, und mit einem Kübel Putzwasser überschüttet wurde?«
Wieder nickte ich nur. Worauf zum Teufel wollte er denn hinaus?
»Ok, nochmal gaaanz langsam«, begann er erneut.
»Du versuchst mir ernsthaft zu erklären, dass du – als du hier an deinem Text geschrieben hast – soeben von einem Mann beleidigt wurdest, der in der Antike dafür berühmt war, selbst die Gebildetsten und Gelehrtesten seiner Zeit bloßzustellen? Beleidigt von jenem Mann, der Platons Lehrmeister war, bis er vom Rat der 500, ebenfalls in Athen, zum Tode verurteilt wurde, nachdem er keinerlei Bereitschaft zeigte, seine philosophischen Ansichten gegen den griechischen Götterkult zu ändern? Ein Mann also, der somit seit nachweislich 2500 Jahren tot ist?«
»Ja doch. Genau den!«, regierte ich entnervt. »Der mit dem Schierlingsbecher halt. Na und! Was willst du mir damit jetzt sagen?«, blaffte ich trotzig. »Dass ich durchdrehe und überlegen sollte einen Psycho-Doktor aufzusuchen, oder so?«
Da schüttelte mein Mann nur mitfühlend den Kopf, schloss mich in seine Arme und erklärte mir schlicht.
»Oje, Dummerchen. Was hast du denn erwartet? Ich hätte dir gleich davon abgeraten, dich mit diesem 2500 Jahre alten Denker und Frauenverteufler anzulegen«.
Es folgte ein tröstendes Küsschen auf meine Stirn und danach ...

... mein dummes Gesicht ...


zuletzt bearbeitet 27.09.2018 23:39 | nach oben springen


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