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AutorIn sein:"Vom Abenteuer ein Buch zu schreiben!", von Sabine Siebert

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• ALLGEMEINE KOLUMNE
21.07.2018 22:21
von Evelucas • 550 Beiträge | 2242 Punkte


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Liebe Leserinnen & Leser,

Vor vier Wochen hat mein erstes Kinderbuch den Büchermarkt entdeckt.
Ich freue mich so sehr, dass sich nach Jahren endlich mein Traum erfüllt hat. Als ich das erste Exemplar in den Händen hielt, habe ich mich an den Anfang erinnert. Und bis aus der Idee ein druckreifes Buch geworden ist, war es ein langer Weg.
Im Nachhinein betrachtet war es ein mehrjähriges Abenteuer, von dem ich euch gerne berichten möchte.

Einige Zeit nachdem ich mein Hobby – das Schreiben - entdeckt hatte, reifte in mir die Idee über die kleinen Mäuse, die ich täglich am Hauptbahnhof in München sah, zu schreiben. Was könnten diese pfiffigen Mäuse alles erleben?

Schon bald stürzte ich dann die Mäusekinder in verschiedene Abenteuer.
In acht Kapiteln ließ ich meinen Protagonisten Korbinian Kässpatz – von seinen Freunden Korbi genannt – am Hauptbahnhof mit seinen Geschwistern und Freunden Unfug treiben, schickte ihn auf gefährliche Ausflüge und ließ ihn als Retter erscheinen.
Schließlich musste er unfreiwillig den Hauptbahnhof verlassen und sich in zwei Kapiteln in der Menschenwelt behaupten, bevor ich ihn im letzten Kapitel auf den beschwerlichen Rückweg schickte und ihn letztendlich glücklich bei seiner Familie und den Freunden ankommen ließ.

Wenn ich heute so zurückdenke, war das der kürzeste Teil meines Abenteuers – das Erfinden und Schreiben.
Doch einmal geschrieben, waren die Kapitel noch lange nicht druckreif.
Jetzt ging es ans Überarbeiten, zum einen mussten Rechtschreibung sowie Zeichensetzung korrigiert und dann auch kindgerechte Sätze gebildet werden. Das war ein langer Prozess.

Ich hatte ein dreijähriges Fernstudium der Belletristik und Kinderliteratur an der Hamburger Schreibschule begonnen. Zwischendrin versuchte ich das Gelernte in meiner Geschichte umzusetzen und dann ging es wieder ans Überarbeiten.
Im Kurs inbegriffen war ein kostenloses Lektorat. Also sendete ich, wie festgelegt die ersten vier Kapitel und ein drei Seiten langes Exposè an meine Lektorin.
Das Ergebnis machte mir Mut. Ich besserte hier und da noch aus. Natürlich las ich in der Zwischenzeit unendlich viel Literatur zum Thema „Ein Buch schreiben“ und „Kinderliteratur“.
Ich beschäftigte mich mit dem Thema – einen geeigneten Verlag zu finden - und Fehler zu vermeiden. Auch ein Seminar zu diesem Thema besuchte ich. Ich versuchte die guten Ratschläge umzusetzen, besorgte mir Verlagsübersichten und studierte genau, ob mein Manuskript in das Verlagskonzept passte. Dann erst probierte ich es.

Neben dem Manuskript und Exposè erstellte ich noch meine Kurzvita und schon ging es los. Ich weiß es noch wie heute, dass Ich immer nur zwei Verlage gleichzeitig anschrieb. Sogar die Namen der Verantwortlichen bemühte ich mich zu finden, um eine zielgerechte Bewerbung abgeben zu können.

Insgesamt waren es schließlich fünfundzwanzig Bewerbungen und die Reaktionen waren sehr unterschiedlich.

Manche meldeten sich gar nicht, andere, insbesondere die großen Verlage schickten Standardabsagen. Es waren die kleinen Verlage, die mir mit ihren wohlwollend formulierten Absagen wieder Mut machten, es dennoch weiter zu versuchen.
Es gab sogar mal eine Zusage. Doch als ich mir den Vertrag dann genau durchlas, ging ich wieder auf Abstand, da ich sonst tausende Euro hätte investieren müssen. Versehentlich hatte ich mich nämlich bei einem sogenannten Druckkostenzuschussverlag beworben.

Vor zwei Jahren besuchte ich dann in München noch mal ein dreitägiges Kinderbuchseminar. Und da ging es dann richtig zur Sache.
Im Vorfeld musste man einige Kapitel und ein Exposè schicken. Der Seminarleiter hatte kurz zuvor ein Buch zum Thema „Exposè schreiben“ herausgebracht. Also überarbeitete ich wieder einmal mein Exposè nach seinen Empfehlungen und kürzte es von drei auf eine Seite.
Gerade bei diesem Thema stelle ich immer wieder fest, dass es keine Einheitlichkeit gibt. Während manche Lektoren sich ausführliche Exposè’s wünschen, lieben andere die Kürze. Doch nach diesem Seminar zweifelte ich mal wieder an mir und meinem Manuskript.
Ich hatte so vieles erfahren und musste mich mit der Frage auseinandersetzen, ob Mäuse im Gleisbereich nicht zu gefährlich für Kinder wären.
Einige Wochen legte ich alles auf Eis. Doch dann ging ich doch wieder ans Überarbeiten, bis ich für mich entschieden hatte, jetzt ist es wirklich fertig.
Danach suchte ich Testleser.
Es sollte niemand aus der Familie sein, weil man in der Regel von Familienangehörigen fast immer positives Feedback bekommt.
Zuerst probierte ich es also bei einer Autorenkollegin, die selbst einen fünfjährigen Sohn hatte. Doch sie wollte mir aus ihrer Sicht kein Feedback geben, da sie ein völlig anderes Genre bedient, und ihr Sohn hatte nach dem zweiten Kapitel leider das Interesse verloren.

Das war hart. Wie sollte es nun weitergehen? Aufgeben?
Doch nein, so schnell wollte ich nach all den Anstrengungen nicht die Flinte nicht ins Korn werfen. Also bat ich einen anderen Kollegen um seine Meinung.
Ihn hatte ich bereits als anspruchsvollen Kritiker bei Kurzgeschichten erlebt. Und sein Urteil bestätigte mich dann wieder.
Es gab einige Dinge, die ihm nicht gefielen, doch der Gesamteindruck passte. Also durchdachte ich seine Einwände.
Dann kam auch noch mein Mann ins Spiel. Er las in der Regel nichts von mir. Aber hier machte er mal eine Ausnahme, las das erste Kapitel und gab mir Tipps. Insbesondere den Einstieg betreffend.
Nach einer erneuten Überarbeitung konnte ich dann den Partner einer Kollegin als Vorleser für seinen sechsjährigen Sohn gewinnen. Von ihm und seinem Sohn erhielt ich schließlich die besten Anregungen und ein echt ausführliches Feedback.
Daraufhin wurde der Text dann noch einmal überarbeitet. Jetzt stand das Manuskript nach meiner Ansicht wirklich auf zwei gesunden Beinen.

Und dieses Mal wollte ich die Verlagssuche ausserdem auch anders angehen.
Nachdem nämlich verschiedene meiner Kurzgeschichten in Wettbewerben beim net Verlag angenommen worden waren, fasste ich mir ein Herz und bewarb mich im Juni 2017 mit meinem Manuskript mal dort.
Bereits im Rahmen unterschiedlicher Ausschreibungen hatte ich die Verlegerin als kompetent, hilfsbereit und unterstützend kennen gelernt. Und nur einen Tag nach meiner Abgabe, erhielt ich dann auch schon die Rückmeldung, dass sie das Manuskript prüfen wird.
Keine vier Wochen später, erhielt ich ihre Zusage und ein Angebot.
Ich war so glücklich und hätte die ganze Welt umarmen können.
Jetzt mussten viele Entscheidungen getroffen werden. Wie sollte das Buch aussehen – Größe, Umschlag, Bilder. Auch darüber, wie viele Bücher ich selbst abnehmen würde, musste ich mir Gedanken machen. Und es gab natürlich eine Mindestabnahmemenge. Weiter ging es ans gestalten.
Welche Illustrationen sollten ins Buch und wer würde diese für mich zeichnen/malen? Ein Kinderbuch braucht schließlich Bilder. Und da ich selbst kein Talent zum Zeichnen oder Malen habe, vermittelte mir die Verlegerin eine Illustratorin.
Jetzt folgten viele Telefonate und Mails. Ganz genau musste ich die jeweiligen Szenen, die ich haben wollte, beschreiben. Auch die Anzahl der Bilder mussten abgestimmt werden. Hinzu musste ich die Illustratorin ja auch selber zahlen und zugleich würde sich die Anzahl der Bilder ebenfalls im Buchpreis niederschlagen.

Die Illustratorin Jenny Schneider war jedoch ein Glücksgriff. Da sie selbst ein Eisenbahnerkind ist, hatte sie einen besonderen Bezug zu meinen Figuren. Sie malte wunderschöne kindgerechte Bilder und so zügig, dass wir alles fristgerecht abliefern konnten.

Nachdem dann alle Details geklärt waren, unterbreitete mir die Verlegerin ein neues Angebot und ich entschied mich für die Mindestabnahmemenge.
Die erste Hälfte der Rechnung musste nach Vertragsabschluss und die zweite dann vor dem Buchdruck gezahlt werden.
Die Monate September und Oktober waren dann sehr aufregend.
Fast täglich tauschte ich mich mit der Illustratorin aus, begutachtete die Bilder und gab Rückmeldung.
Da es sich teilweise um Bilder am Bahnhof handelte, musste ich dafür sogar die Genehmigung der Deutschen Bahn einholen. Die Verlegerin benötigte einen Vorschlag für den Klappentext und für das Vorwort sowie ein Autorenportrait. Außerdem musste ein Bild von mir her.
Zum 31.10.17 war dann alles im Entwurf fertig, so dass der Erscheinungstermin 01.04.2018 umsetzbar war. Das Coverbild machte die Illustratorin dann im Auftrag der Verlegerin und ich hatte Mitspracherecht.
Im November und Dezember wurde es dann etwas ruhiger, denn ich hatte meinen Teil erledigt.
Von hier weg arbeitete nur noch der Verlag.
Im November meldete sich dann die Redakteurin unserer Mitarbeiterzeitung.
Es sollte eine Jubiläumsausgabe im Dezember geben und es wurden wieder Mitarbeiter-/innen gesucht, die einem außergewöhnlichem Hobby nachgingen und schon einmal vorgestellt worden waren.
Da es 2010 bereits einen Artikel über mich gegeben hatte, fragte die Redakteurin nun an, ob ich noch immer schreibe und sie mich interviewen könne.
Natürlich sagte ich mit Freuden zu. So konnte ich diesmal nicht nur über mein Hobby sprechen, sondern auch Werbung für mein erstes Kinderbuch machen.

Schließlich beschäftigte mich dann auch noch das Thema „Homepage“.
Sollte ich mir eine eigene Homepage erstellen?
Im Internet gibt es dazu viel Lesestoff und genügend Anleitungen, mit denen ich mich während meines Weihnachtsurlaubes dann auch intensiv beschäftigte.
Doch nach langem Nachdenken kam ich dann zu dem Schluss, mir keine einzurichten. Denn eine eigene Seite musste immer aktuell und interessant sein. Sie will gehegt und gepflegt werden. Und das erfordert viel Zeit und Geschick.
Über ersteres verfüge ich nicht und als technisches Embryo hätte ich auch sonst noch ziemlich viel Unterstützung benötigt. Also entschied ich mich auf den Werbeflyern doch einfach nur meine Mailadresse anzugeben.
Auf diese Weise könne ein Interessent dann gleich direkt zu mir in Kontakt treten, und meine Mails checke ich täglich.

Ab Februar 2018 ging es dann weiter.
Zwei Korrekturabzüge kamen gleich in recht kurzen Abständen und mussten gelesen werden. Eine Vita für die Homepage des Verlags wurde benötigt. Ich entschied, dafür gleich mein Autorenportrait zu verwenden.
Im März kamen dann bereits die Flyer. Ich nutzte jede Gelegenheit, insbesondere in den Bahnhofsbuchhandlungen, jedoch auch etwaige Geschäfte in meiner Nähe, um zu werben.

Als ich am 04.04.2018 dann abends nach Hause kam, stand plötzlich ein riesiger Karton im Treppenhaus – mit meinen Büchern.
Mein Mann schleppte ihn nach oben und dafür schenkte ich ihm sogleich das erste Exemplar.
Noch am selben Abend las er es dann sogar, was mich total freute, ebenso wie sein Feedback.
Bereits am nächsten Tag nahm ich dann die ersten Bücher mit ins Büro und schenkte jedem meiner Testleser ein Exemplar mit persönlicher Widmung.
Ein weiteres Exemplar steht zur Ansich jetzt auch bei mir im Büro.
Obwohl ich gerne für das Buch werbe, spreche ich die Interessenten aber dann doch lieber persönlich in der Pause an.
Ich trenne hier immer zwischen Arbeit und Hobby.

Inzwischen befinde ich mich schon in der nächsten Phase, die sich nun mit der Frage beschäftigt: „Wie stelle ich mein Buch am effektivsten vor, um es auch zu verkaufen?“
Dazu nutze ich nun zum einen meine Kontakte, gehe auf Gemeindebüchereien und Kindergärten zu und biete Lesungen an.
Dieser Prozess wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen und so bleibe ich wohl noch lange mit meinem Korbi verbunden. Außerdem ist er mir ohnhin schon so ans Herz gewachsen und einfach nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken.

Die ersten dreißig Bücher habe ich bereits verkauft und auch schon Feedback dazu erhalten.

Ein Kollege berichtete mir, dass sein Enkel jetzt unbedingt wissen will, was der Korbi noch so auf dem Bahnhof erleben wird und fragt schon nach weiteren Abenteuern.
Ich gehe derzeit aber noch nicht von einer Fortsetzung aus. Immerhin möchte ich das Thema nicht überbeanspruchen.
Doch ich könnte mir durchaus vorstellen, wieder einmal ein Kinderbuch zu schreiben.

Vielleicht hat auch euch der Beitrag Lust aufs Schreiben gemacht.
Und an alle gerichtet, die auch bereits ein Manuskript in der Schublade haben: "Traut euch damit ruhig in die Welt hinaus!"

Jede/r Schreibende ist außerdem auch herzlich willkommen in unserem Forum.
Also lasst uns an euren Geschichten teilhaben.

Ich freue mich von euch zu lesen.

Viele liebe Grüße,
eure Sabine



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zuletzt bearbeitet 11.11.2018 15:12 | nach oben springen


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